Montag, 14. Januar 2013

Mal was neues

Zur der unglaubllichen Hitze mischte sich diesesmal noch der Gestank. Wir hatten erst einen Bruchteil des Weges hinter uns an diesem Morgen, aber der Schweiss rann trotzdem schon in Stroemen an unseren Ruecken herunter und lies die Tshirts eng an der Haut kleben. Fast wie eine Karawane pendelten die ungefaehr 200 Freiwilligen zwischen den Bergen entlang, um zu ihren einzelnen Zielen zu kommen: Fast 20 Baustellen, an denen an diesem Wochenende jeweils ein Haus gebaut warden sollte. Das war die Aufgabe von uns, den Leuten die sich fuer “Un Techo para mi Pais” (Ein Dach fuer mein Land) gemeldet haben, eine nicht ganz einfach zu bewerkstelligende Aufgabe. Obwohl es erst 7 Uhr am Morgen war, lieferte sich das Thermometer ein Wettrennen mit dem Wasser in unseren Stiefeln und kratzte schnell an die 30 Grad Grenze. Mit den ganzen Arbeitsmaterialien wurden die unbefestigten Wege zu den einzelnen Baustellen zu einer einzigen Rutschangelegenheit, bei der man immer konzentriert bleiben musste. Als wir fast an unseren Zielen angekommen waren, kam Wind auf, der zwar Abkuehlung brachte, dafuer aber einen unglaublichen Gestank in unsere Nasen trug. Er wurde von einem ganz bestimmten Berg aus unserer Naehe zu uns herueber geweht, dem einzigen Berg in Kuna Nega, der Gemeinde, in der wir arbeiteten, der nicht natuerlichen Ursprungs war. Es war der Muellberg von Panamastadt, der nicht einmal eine halbe Stunde vom Zentrum entfernt, sich zu einer mehr als beeindruckenden Hoehe angehaeuft hat. Diese Ansammlung von Abfaellen bestimmte das Bild der Umgebung von Kuna Nega, einer der aermsten Doerfer um Panama Stadt herum. Dies zeigte sich uns auch deutlich als unsere Gruppe, 5 Panamesen, Lea, eine andere deutsche Freiwillige und ich, endlich an unserer Baustelle ankamen. Die ehemalige Blechhuette der Familie mass 3 auf 4 Meter und hatte keinen Boden, was bedeutete, das jedes Mal, wenn es im Dschungel regnet, ihr Haus ueberschwemmt wurde. Und nun ja, im Dschungel regnet es nun leider verdammt oft, bis zu mehreren Malen taeglich. Die Huette bot gerade genug Platz fuer die Betten der Eltern und der 4 Kinder, einen kleinen Gasherd und den Fernseher, der wie in jedem panamesischen “Haushalt” den ganzen Tag lief. Ausserdem war der Platz zum Ausbau wirklich sehr begrenzt, den da Grundstueck der Familie befand sich auf einem kleinen Plateau, am Abhang eines Berges, zu dessen Grund es extreme steil hinab ging. Fuer das neue Haus wurde im Vorfeld schon ein Teil des Berges abgetragen und eine mehr oder weniger ebene Flaeche geschaffen. Unsere Ankunft wurde von der einheimischen Familie freudig erwartet und fiel dementsprechend warm aus. Aber relative bald stellte sich heraus, dass nicht nur der Arbeitsbereich genugend gesichert war, noch dass alle Bauteile vor Ort waren. Nachdem wir angefangen hatten den Boden zu vermessen, um die Balken fuer das Fundament der Holzhuette zu legen, fing es an zu regnen. Das waere an fuer sich kein Problem gewesen, waere dadurch nicht die Erde aufgeweicht. Wir waren gerade dabei den 4ten von 15 Pfaehlen in die Erde zu hauen und zu nivellieren als die aufgeweichte Erde am Rand der Baustelle anfing abzurutschen und beinah unsere Bauleiterin unter sich begrub. Obwohl begrub wohl etwas zu theatralisch waere, den um eine solch grosse Erdmasse handelte es sich dann doch nicht. Wir mussten ungefaehr 1 Stunde Arbeit in die Saeuberung der Baustelle stecken und waren dann wieder frohen Mutes. Schnell aber entbrannte die Diskussion, ob wir mehr Erde abtragen sollten, oder ob wir weiter machen und hoffen sollten, dass nichts passiert. Wir entschieden uns fuer letzteres, was sich als Fehler herausstellte. Wir waren nicht viel weiter mit den Pfaehlen gekommen, als die Erde wieder nachgab, diesesmal stuerzte sie auf fast der gesamten Laenge der Baustelle ab. Mit einem lauten Bums verabschiedete sich ein Grossteil unserer Arbeitsausruestung unter die herabstuerzende Erdmasse. Na toll, nun hiess es also wieder schauffeln. Unterstuetzung bekamen wir dieses mal von dem Sohn der Familie und ein paar Freiwilligen, die ueberall dort taetig waren, wo Hilfe benoetigt wurde. Trotzdem dauerte es dieses Mal fast 3 Stunden, bis alles sauber war. Nichtsdestotrotz entschieden wir uns lieber vorzusorgen und nochmal ein gutes Stuecken Geroell aus der Flanke des Berges zu hauen, damit wir endlich Ruhe hatten. So gruben, schaufelten und fluchten wir bis Nachmittags, um uns dann wieder unserer urspruenglichen Arbeit, dem Bau eines Hauses zu widmen. Bis zum Abend hatten wir insgesamt nur 8 von 15 Pfloecken in der Erde und meine Hoffnung am naechsten Tag ein KOMPLETTES (Holz)Haus zu bauen sank betraechtlich. Unglaublich erschoepft fielen wir an diesem Abend auf den Boden der Schule, die uns extra bereit gestellt wurde. Einige Pechvoegel sanken auf den Boden, durch eine glueckliche Fuegung des Schicksals hatte ich mir in weiser Vorraussicht endlich mal eine Luftmatratze gekauft, die mir dort und seitdem auch an zahlreichen anderen Orten beste Dienste geleistet hat. Am naechsten Morgen machten wir uns wieder auf den Weg um unsere Arbeit zu vollenden. Wir gingen frisch motiviert und voller Energie (durch eine Nacht auf einer sehr bequemen Luftmatratze) wieder ans Werk. Diesesmal lief die Arbeit reibungsloser und bis zum Mittagessen hatten wir 12 der 15 Balken in der Erde. Danach schlugen wir in einem Gewaltakt die letzten Pfaehle in den Boden und findne an das restliche Holz zu saegen. Da es bereits 2 Uhr Nachmittags war und es in Panama fast genau um Punkt halb 7 dunkel wird befanden wir uns in Eile. Wir teilten die Arbeit auf und saegten die Verbindungsstuecke, die wir innerhalb einer kuerzester Zeit auf das Fundament hammerten. Als naechstes mussten wir die bereits vorgefertigten Bodenteile heranschleppen und sahen uns der naechsten Herausforderung gegenueber: Eins der Teile war nicht richtig genagelt und passte daher nicht. Na toll,… also machten wir uns zu Dritt daran, mit Saege, Hammer und Meisel, das Ganze in die richtige Form zu pressen. Als Deutscher wollte ich erstmal alles ausmessen und dann das Holz genau absaegen, aber auf das Draengen des Bruders des Hausherren, entschieden wir uns dann fuer eine etwas brachialere Vorgehensweise. So edel das Motiv des guten Herren auch war, sein Plan, das Holz einfach mit Brechstange herauszuschlagen, erwies sich als etwas ungeschickt, wodurch betraechtliche Loecher in den Boden der Familie geschlagen worden waren. Diese Armen hatten wohl nie Glueck, was die Boeden ihrer Behausungen anging. Eine gute Sache hatte das Ganze jedoch, wir waren schnell fertig. Als der Boden fest montiert war, gingen wir dazu ueber, die ebenfalls schon fertigen Waende heranzutragen. Bei der ersten Wand ging ich ganz vorne und gerade als wir die alte Huette der Panamesen passierten, blieb die Wand irgendwo haengen. Da wir nicht wussten, wo die Wand haengen geblieben war, machten wir das, was alle vernuenftigen Maenner bei solchen Sachen nun mal tun, wir machten es mit Gewalt. Ein paar Schritte anlauf sollten genuegen, um die massive Holzwand durchzubekommen und jedes kleine Hinderniss einfach umzuknicken. Die paar Schritte anlauf waren auch genug und gerade als ich mich freute, dass wir durch waren, wurde es auf einmal Schwarz. Ein paar Sekunden spaeter fand ich mich auf dem Boden liegend wieder und war unglaublich dessorientiert. Dann setzte der Schmerz ein. Als alle anderen besorgt auf mich zu kamen, um zu schauen wie es mir ging, rappelte ich mich wieder auf. Es ging, ich konnte mich bewegen, blutete nirgendwo und hatte keine Gleichgewichtsstoerungen, da waren nur diese unglaublichen Kopfschmerzen. Was war also passiert? Das Hinderniss, durch das die Holzwand nicht durch kam, war ein Dachbalken der alten Huette gewesen, der sich ungluecklicherweise genau ueber mir befand. Als ich mir den Balken danach genauer ansah, wurde mir bewusst, was fuer ein Glueck ich hatte, den in ihm steckten noch die ganzen Naegel, die das Dach mit diesem Stueck Holz einst verband.
Danach gab es keine nennenswerte Probleme mehr, das einzige was nicht auf unserer Seite war, war die Zeit. Mit jedem Stueck Wand, dass wir aufricheteten, sank die Sonne immer tiefer, erst als andere Teams uns zu Hilfe kamen, schien das ganze etwas realistischer zu werden. Als alle Waende standen, legten wir die Dachverstrebungen und montierten sie, als wir jedoch damit fertig waren und gerade das erste Stueck Blech fuer das Dach auf das Haus wuchteten, brach Dunkelheit ueber uns hinein. Sie brach wirklich ueber uns hinein, den innerhalb weniger Minuten konnte man seine Hand nicht mehr vor den eigenen Aufen sehen. Unter diesen Umstaenden auf einem instabilen Dach zu arbeiten erschien daher ziemlich idiotisch und lieferte fuer , jeden, dem nur ein kleine Stueck Motivation fehlte , einen willkommenen Grund, sich auf den Rueckweg zu machen. Aber wir hatten Blut geleckt, wir hatten nun wirklich die Hoffnung, die Huette noch fertig zu bekommen. Das und der Grund, dass mir immer noch der Schaedel brummte und ich das daher durchziehen wollte, sorgten dafuer dass wir dann noch zu 4 auf dem Dach weiter arbeiteten. Wir brauchten nochmal 2 Stunden um die extrem scharfkantigen Bleche auf dem Dach zu montieren und in einem letzten Aufbauemen der Kraefte schafften wir es endlich das letzte Verbindungsstueck des Daches fest zu setzen. Nach 2 Tagen voller Arbeit hatten wire s geschafft! Es war schwer das Grinsen in den Gesichtern der Leute zu uebersehen, die ich den letzten Tagen so gut kennen gelernt hab. Als die panamesische Familie in einem kleinen feierlichen Akt, das Band zerschneideten, das in der Tuer gespannt war und somit das Haus einweihten, waren wir wirklich alle verdammt froh und stolz. So kann ich also jetzt schon stolz sagen, ja, ich habe ein Haus gebaut!

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

'Ach Scheiße, warum ich?...
'Ach Scheiße, warum ich? Warum bin gerade ICH in so...
Marvin K Mooney - 15. Mai, 23:00
Faultiere sind toll
Ich denke, dass es einen Grund gibt, warum die meisten...
Marvin K Mooney - 15. Mai, 05:25
Mal was neues
Zur der unglaubllichen Hitze mischte sich diesesmal...
Marvin K Mooney - 14. Jan, 21:53
Scheint ja so als ob...
Scheint ja so als ob deine Entscheidung von Coclesito...
Felix G. (Gast) - 17. Okt, 16:49
Echt krass...
Was du da erzählst Marvin klingt wie eine andere Welt....
Philip (Gast) - 16. Okt, 23:05

Links

Zufallsbild

Für die, die es noch nicht gesehen haben ;)

Mein Lesestoff

Suche

 

Status

Online seit 4455 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Mai, 23:19

Credits


Panama
Panama 2.0
T-Minus Abreise
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren